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Internationales Erbrecht

Mit Hilfe des internationalen Erbrechts wird die Frage geklärt, was passiert, wenn ein über Deutschland hinausreichender Kontext vorliegt. Dies kann eine nicht-deutsche Staatsangehörigkeit sein. Dies kann ein Deutscher sein, der im Ausland wohnt. Dies kann jemand sein, der zwar im Ausland wohnt, aber in Deutschland Vermögen hat. Dies kann auch ein Deutscher sein mit Vermögen im Ausland.

Wenn ein dergestaltiger Anwendungsfall internationalen Erbrechts vorliegt, ist das Vorgehen immer zweistufig:

  • zum einen muss geklärt werden, welches Recht anwendbar ist,
  • zum anderen, welches Gericht oder Nachlassgericht für die Abwicklung zuständig ist.

Wir empfehlen, dass gerade bei internationalen Erbfällen fachkundiger Rat hinzugezogen wird. Als Anwalt für Erbrecht in München berate ich Sie gerne.

Anwendbarkeit internationales Erbrecht

Im Deutschen Erbrecht gilt der Grundsatz, dass für jeden Deutschen deutsches Erbrecht gilt. Das klingt auf den ersten Blick nach viel Deutsch. Ist aber in den meisten anderen Ländern genauso.

Stirbt also ein Deutscher in Deutschland und hat nur in Deutschland Vermögen, so ist die Sache einfach.

Es wird jedoch dann schon schwierig, wenn z.B. ein Deutscher in Deutschland stirbt und Vermögen in Frankreich hat. Nach dem deutschen Erbrecht wäre deutsches Recht anzuwenden. Das französische Recht sieht jedoch vor, dass für Grundbesitz, der in Frankreich liegt, grundsätzlich französisches Recht anzuwenden ist. Damit gibt es einen Widerspruch zwischen deutschem Erbrecht und französischem Erbrecht. Dieser Widerspruch ist tatsächlich so zu lösen, dass für Grundbesitz in Frankreich französisches Recht und für alles andere (insbesondere das Vermögen in Deutschland) deutsches Recht anzuwenden ist.

Dies führt natürlich in der Abwicklung zu erheblichen Schwierigkeiten. Ob ein deutscher Erbschein (vgl. hierzu unseren Artikel zum „Erbschein“) in der hintersten Provinz von Frankreich als beweiskräftige Urkunde anerkannt werden wird, mag erstmal dahingestellt sein.

Eine ähnliche Thematik ergibt sich, wenn z.B. ein Ausländer, der seinen Wohnsitz im Ausland hat, Eigentümer einer Wohnung in München ist. Nach dem deutschen Erbrecht (das an die Staatsangehörigkeit anknüpft), würde sicher nicht das deutsche Recht gelten. Wenn aber ausländisches Recht anzuwenden ist, so muss auch die Erbfolge nach ausländischem Recht geprüft werden. Nach ausländischem Recht wird dann auch ein Erbschein erstellt werden. Ob dann z.B. ein kroatischer Erbschein vom Grundbuchamt München anerkannt wird, ist ebenso offen.

Das Testament: Von hohem Wert im Rahmen internationalen Erbrechts

Wenn es also möglich ist, sollte jeder, der einen oben dargestellten internationalen Kontext hat, sich vorher Gedanken machen. Im Rahmen eines Testamentes im internationalen Erbrecht sind oft viele Gestaltungen denkbar, die Schwierigkeiten in der Abwicklung vermeiden lassen.

So kann z.B. ein ausländischer Erblasser für eine Wohnung in München tatsächlich deutsches Recht wählen. Das vereinfacht die Abwicklung.

EU-Erbrechtsverordnung

Durch die immer größere Mobilität, insbesondere innerhalb Europas, erschien es fraglich, ob es tatsächlich sinnvoll ist, wenn auf die Staatsangehörigkeit des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes abgestellt werden soll. So wäre z.B. für einen Besucher des Oktoberfestes aus San Marino für diesen das Recht von San Marino anzuwenden. Oder es wäre z.B. für einen Deutschen, der seinen Winter auf Mallorca verbringt, deutsches Recht anzuwenden (womit sich die spanischen Behörden etwas schwer tun).

Innerhalb von Europa hat diese verstärkte Mobilität und die Abgrenzungsschwierigkeit zu der sog. EU-Erbrechtsverordnung geführt. Diese gilt spätestens ab dem 17.08.2015 für alle Erbfälle. Es wird dann nicht mehr auf die Staatsangehörigkeit des Erblassers, sondern auf dessen gewöhnlichen Aufenthalt abgestellt.

Dies führt zum einen zu einer Vereinfachung: So kann das spanische Gericht für einen Deutschen, der sich dauerhaft in Spanien aufhält, spanisches Recht anwenden.

Dies führt aber auch zu einer Verkomplizierung: der Deutsche, der sich dauerhaft in Spanien aufhält, muss sich über das spanische Erbrecht Gedanken machen. Dieses weicht z.B. bei den Pflichtteilen (siehe hierzu Artikel zum „Pflichtteil“) stark vom deutschen Recht ab.

Vor einem Erbfall gibt es hier noch eine relativ einfache Lösung: Jeder kann zumindest das Heimatrecht seiner Staatsangehörigkeit selbst ausdrücklich wählen. Dies bedeutet, dass ein Deutscher, der sich dauerhaft in Spanien aufhält, für seinen Erbfall deutsches Recht wählen kann. Diese sog. Rechtswahl kann er auch schon vor dem 17.08.2015 vornehmen. Dann gilt sicher deutsches Recht.