Schenken statt Vererben – Unterschiede, Steuerfreibeträge & Vor- und Nachteile

von Pfab Philipp / 28 Januar 2022 / Keine Kommentare

Das Erbe ist nicht die einzige Möglichkeit, um Vermögen in der Familie zu behalten. Viele Menschen schenken statt vererben. Vermögen muss nicht immer erst beim Tod übergehen.

In vielen Fällen ist es sinnvoll, schon zu Lebzeiten Vermögen auf die Kinder zu übertragen. Rechtlich ist das dann eine Schenkung. Es gibt einige Vorteile einer Schenkung – es gibt auch einige Punkte, die man beachten sollte. Hier das Wichtigste:

Wesentliche Unterschiede zwischen Erbe und Schenkung

Zunächst einmal wollen wir uns die wesentlichen Unterschiede zwischen Schenkung und Vererbung ansehen.

Bei einem Erbe geht der sämtliche Nachlass, also alles, was vorhanden ist, auf den Erben über. Klar ist natürlich nur, dass es irgendwann einmal zum Erbfall kommt – wann das ist, ist aber unklar. Wer Erbe wird, wird entweder im Testament festgelegt oder es gilt die gesetzliche Erbfolge. Dann erbt einer aus der Familie und zudem der Ehegatte. Wer erbt, muss in der Regel Erbschaftssteuer zahlen.

Schenken statt vererben

Wie sieht das nun bei der Schenkung aus?

Bei der Schenkung wird schon zu Lebzeiten ein Vermögensgegenstand – meist ein Haus – übertragen. Dies kann an den Ehegatten oder an die Kinder sein. Wer das Haus erhält, ist dann klar im Übergabevertrag geregelt. Die Übergabe erfolgt dann auch schon heute und nicht erst irgendwann einmal in ferner Zukunft. Jedoch ist auch bei einer Schenkung eine Schenkungssteuer zu bezahlen. Schenkungssteuer und Erbschaftssteuer sind grundsätzlich vom Steuersatz gleich hoch. Was macht also hier den Unterschied?

Wenn heute ein Gegenstand übertragen wird, wird dieser mit dem Wert heute angesetzt. Wenn ein Gegenstand erst in zehn Jahren vererbt wird, gilt der dann bestehende Wert. Bei Immobilien ist eine Verdopplung innerhalb von zehn Jahren nicht unüblich. Ist aber der steuerliche Wert höher, so ist auch die Steuer höher.

Zudem gibt es noch Möglichkeiten, die Steuer zu optimieren, sprich zu senken: wenn ein Haus übergeben wird kann sich der Übergeber z.B. einen Nießbrauch vorbehalten. Dies bedeutet, er hat ein Wohnrecht, kann die Immobilie aber auch vermieten. Er hat also noch etwas vom Haus. In diesem Fall wird der Wert dieses Nießbrauches von dem heute übertragenen Hauswert sogar noch abgezogen. Das ist steuerlich damit günstiger.

Gibt es auch einen Nachteil für eine Schenkung?

Geschenkt ist grundsätzlich geschenkt. Der Gegenstand ist dann im Vermögen des Schenkers nicht mehr vorhanden. Wer also im Alter Geld braucht, sollte nur so viel verschenken, dass er dennoch sicher abgesichert ist.

Was sind nun unsere wesentlichen Punkte bei dem Thema Schenken statt vererben?

1. Nicht nur Steuern sparen wollen

Man sollte tatsächlich nicht nur an Steuervorteile denken. Allein Steuern sparen erfüllt zwar ein Grundbedürfnis von vielen Menschen. Ein Selbstzweck sollte es aber nicht sein.

Wer z.B. heute ein Haus verschenkt – wenn dies steuerfrei ist – zahlt keine Steuern. Wenn ein Haus später vererbt wird und Steuern anfallen, so muss dann und auch erst dann der Erbe die Steuern bezahlen. Mit einer Schenkungssteuer ist man also selbst in der Regel nicht belastet; und der Erbe, auf der anderen Seite, hat dann auch schon etwas wertvolles bekommen.

Klar ist: wenn sich ein Immobilienwert verdoppelt, sind auch die Steuern wesentlich höher. Man sollte aber dennoch nicht seine Immobilie nur deshalb heute verschenken, weil sie vielleicht in zehn Jahren doppelt so viel wert ist. Im Alter muss man schlicht selbst abgesichert sein. Man sollte auch einen Pflegefall bedenken. Oft reicht die Rente hierfür nicht aus. Dann sind Einnahmen aus dem Haus oder der Verkauf des Hauses erforderlich. Vermögenswerte die für diese Absicherung erforderlich sind, sollten auf alle Fälle nicht übertragen oder weggeschenkt werden. Ob dann eine Steuer später einmal anfällt oder nicht, wird man dann sehen müssen - hier halte ich die eigene Absicherung für wichtiger.

2. Nicht in jungen Jahren schenken

Ich halte es nicht für sinnvoll, schon mit 40 oder 50 anzufangen, Vermögen auf die nächste Generation zu übertragen. Viel zu lange ist der eigene Lebensweg noch. Man weiß nicht, wie sich als entwickelt – wie entwickeln sich die Kinder? Wie entwickeln sich wirtschaftliche Gegebenheiten?

Wir heute schon schenkt, kann diese Schenkungen grundsätzlich nicht rückgängig machen. Wer also auf Entwicklungen später noch reagieren will, sollte nicht zu früh verschenken.

Allerdings: Schenkungssteuerfreibeträge gibt es alle zehn Jahre neu. Wer nicht früh genug anfängt, kann diese Freibeträge dann auch nicht allzu oft ausnutzen. Es ist dann immer eine persönliche Entscheidung.

3. Nehmen Sie sich Zeit

Ich halte es für nicht angemessen, etwa „husch husch“ über eine Schenkung der Immobilie an die Kinder zu entscheiden – nur weil vielleicht irgend jemand dazu rät.

Eine Immobilie ist oft der wesentliche Vermögensgegenstand, den man in seinem Leben erwirtschaftet hat. Hier sollte man wirklich nicht „Hopplahoppentscheidungen“ treffen. So groß kann eine Steuerersparnis gar nicht sein, dass man nicht in Ruhe abwägen sollte.

Für viele ist es auch schwierig, sich von der eigenen Immobilie zu trennen. Oftmals bewohnt der Schenker ja noch die eigene Immobilie. Er kann diese an die Kinder übertragen und sich z.B. einen Nießbrauch vorbehalten. Eigentümer wird dann das Kind. Der Schenker kann noch, wie er möchte, in der Immobilie wohnen. Aber auf dem Papier gehört das Haus dann schon den Kindern. Das muss bei vielen Menschen erst einmal reifen.

Fachanwalt für Erbrecht Philipp Pfab der Kanzlei Pfab in München

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Ich schlage immer vor, dass man sich ca. zwei Monate Zeit lässt. Am Ende muss es sich tatsächlich für den Schenker gut anfühlen und er muss das Gefühl haben, das Richtige zu tun. Dann ist auch die Zeit auch für die Schenkung reif.

4. An Steuerfreibeträge denken

Gefühlt ist die Erbschaft und Schenkungsteuer ja relativ hoch. Auf der anderen Seite gibt es aber auch relativ hohe Freibeträge. Freibeträge sind Werte, die eben nicht versteuert werden müssen.

So hat ein Ehegatte ein Freibetrag von € 500.000,00, ein Kind hat € 400.000,00 frei. Allerdings gelten diese € 400.000,00 gegenüber jedem Elternteil. Hat z.B. die Mutter eine Immobilie, so könnte sie diese auf zwei Kinder übertragen. Diese hätten dann insgesamt € 800.000,00 frei.

Sie könnte aber auch erst die Hälfte der Immobilie an den Ehegatten übertragen. Wenn dann später beide ihre Hälfte jeweils an die Kinder übertragen, ergibt sich somit ein gesamter Freibetrag für die Familie von € 1,6 Mio. Da kann schon einiges steuerfrei übertragen werden.

Es liegen dann doch einige Steuerfreibeträge herum: die genannten Grundfreibeträge, Freibetrag wegen Zugewinn, Verschonungsabschlag für vermietetes Wohneigentum, besondere Freibeträge wie Betriebsvermögen und auch mein Lieblingsfreibetrag, der Pflegefreibetrag.

5. Vorbehalte bei der Schenkung

Grundsätzlich gilt bei einer Schenkung immer: geschenkt ist geschenkt. Jedoch kann man in einem Schenkungsvertrag auch verschiedene Bedingungen vereinbaren. Bei der Schenkung einer Immobilie ist immer ein Übergabevertrag erforderlich. Beide müssen also damit einverstanden sein.

In einem solchen Übergabevertrag ist es üblich, dass sich der Schenker verschiedene Rechte vorbehält.

Bei einer Immobilie ist das z.B. ein Wohnrecht. Wohnrecht bedeutet, dass der Schenker lebenslang im Haus wohnen kann. Ob und was er dann zahlen muss, ist Vereinbarungssache. Üblicherweise ist das Wohnrecht lebenslang und kostenfrei. Das Wohnrecht erlischt aber dann, wenn der Schenker endgültig aus dem Haus auszieht (z.B. durch Umzug in ein Pflegeheim – aber auch bei Tod).

Der Schenker kann sich auch den Nießbrauch vorbehalten. Nießbrauch umfasst zum einen das Wohnrecht, geht aber darüber hinaus. Beim Nießbrauch kann der Schenker die Immobilie, wenn er auszieht, auch vermieten. Er erhält dann die Miete und ist weiter abgesicherte. Der Nießbrauch ist daher eine ganz übliche Absicherung.

Der Schenker kann sich auch eine monatliche Zahlung vorbehalten. Hier muss der Übernehmer dem Schenker einen monatlichen Betrag – die Höhe ist frei vereinbar – zahlen. Auch das dient weiter der Absicherung des Schenkers.

6. Rückforderungsvorbehalt

Bei einem Vertrag gilt ja grundsätzlich: geschenkt ist geschenkt. Im Schenkungsvertrag kann man aber auch Fälle vereinbaren, in denen der Schenker den Gegenstand wieder zurückverlangen kann. Das klingt auf den ersten Blick einmal komisch. Wer schenkt, geht ja davon aus, dass der Gegenstand für ihn selber nicht mehr greifbar ist.

Es gibt auch verschiedene Fälle, bei denen eine Rückforderung doch Sinn macht.

Ein Fall ist z.B. die Insolvenz des Beschenkten. Im Insolvenzfall würde ein Gläubiger auf die Immobilie zugreifen und diese verwerten. Im schlimmsten Fall wäre dann die Immobilie weg. Für einen derartigen Fall kann ein Rückforderungsrecht vereinbart werden. Der Schenker kann die Immobilie zurückfordern, damit kann der Gläubiger nicht mehr in diese Immobilie vollstrecken. Die Immobilie wanderte dann wieder zum Schenker zurück.

Weitere Rückforderungsgründe sind üblicherweise das Verbot von Verkauf oder Belastung.

Ein üblicher Grund ist auch eine etwaige Scheidung des Beschenkten. In der Regel fällt eine Immobilie in den Zugewinn. Bei einer Scheidung müsste der Beschenkte dann aus der Immobilie bzw. aus deren Wertsteigerung einen Geldbetrag an den Ehegatten zahlen. Das liegt aber nicht im Interesse von Schenker und Beschenktem. Auch für so einen Fall kann eine Rückforderung vereinbart werden.

Weitere übliche Rückforderungsrechte sind im Falle einer Zwangsvollstreckung in den geschenkten Gegenstand oder die Festsetzung einer ungewollt hohen Grundsteuer durch das Schenkungssteuerfinanzamt.

Wer auf Nummer ganz sicher gehen will, vereinbart sogar ein freies Rückforderungsrecht. Hier kann der Schenker, einfach wenn er es will, die Immobilie zurückfordern.

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Steuerlich ist die Rückforderung kein Problem: wenn eine Steuer für die Schenkung angefallen ist, so wird diese bei einer Rückforderung wieder rückabgewickelt, d. h. es fällt in der Summe keine Steuer an.

7. Besonderer Trick: Familienheim

Einer der wesentlichen Steuerfreibeträge dreht sich um das Familienheim. Familienheim ist die Immobilie, in der der Schenker wohnt. Der Familienheimsteuerfreibetrag kann sich auf drei Arten realisieren:

  1. Der Schenker kann die Immobilie an seinen Ehegatten schenken.
  2. Der Ehegatte kann die Immobilie an seinen Ehegatten vererben.
  3. Der Ehegatte kann die Immobilie an seine Kinder vererben.

Bei allen Fällen gilt, dass die Immobilie dann steuerfrei übergeht.

Bei Schenkung an den Ehegatten besteht keine Einschränkung. Bei Vererben an den Ehegatten muss dieser danach noch zehn Jahre dort weiter wohnen. Bei Vererben an die Kinder müssen diese zehn Jahre dort weiter wohnen und zudem ist nur der Teil steuerfrei, der sich auf eine Wohnfläche von 200 m² beschränkt.

Bei Steuerfreiheit gilt: Größe, vor allem aber der Wert, sind völlig egal. Es können auch € 10 Mio. übergehen. Die Steuerfreiheit hängt nur davon ab, ob es sich bei der Immobilie um ein Familienheim handelt.

Beim Steuerfreibetrag für das Familienheim muss man nur aufpassen: wer eine Immobilie an die Kinder verschenkt, also überträgt, kann den Steuerfreibetrag nicht mehr nutzen. Hier muss man also immer erst prüfen, ob eines der Kinder vielleicht später mal in die Immobilie einziehen möchte und den Steuerfreibetrag in Anspruch nehmen will.

8. Vorsicht beim Pflichtteil

Schenkungen haben auch Auswirkungen auf den Pflichtteil. Was der Pflichtteil?

Den Pflichtteil können ein Kind oder ein Ehegatte vom Erblasser fordern. Sie können das aber nur dann fordern, wenn sie enterbt sind.

Beispiel: ein Ehegatte setzt seine Ehefrau zur Alleinerbin ein. Damit ist das Kind automatisch enterbt.

Wer enterbt ist, hat einen Pflichtteilsanspruch in Geld. Dieser beträgt die Hälfte des Wertes vom gesetzlichen eigentlichen Erbteil. Bei einer Familie mit zwei Kindern hat z.B. ein Kind eine Erbquote von 25 %. Dies bedeutet, dass der Pflichtteil dann 12,5 % ist.

Für eine Enterbung gibt es verschiedene Gründe: entweder will man nicht, dass z.B. ein Kind überhaupt etwas bekommt oder dass es das Vermögen jetzt schon bekommt. Gerade im ersten Fall, das Kind soll überhaupt nichts bekommen, will man in dem Pflichtteil möglichst gering machen. Der Pflichtteil berechnet sich zunächst erst einmal aus dem Wert, der beim Tod noch vorhanden ist.

Wenn man allerdings vor dem Tod Vermögen verschenkt, so ist dies beim Tod nicht mehr vorhanden. Der Pflichtteil wäre also erst einmal geringer.

Jedoch gibt es hier einen Schutz für den Pflichtteilsberechtigten: alle Schenkungen, die vor dem Tod getätigt wurden, werden noch fiktiv mit in den Nachlass mit hineineingerechnet. Allerdings: ab dem Zeitpunkt der Schenkung wird der geschenkte Gegenstand mit jedem Jahr 10 % weniger angesetzt – somit ist nach zehn Jahren die Schenkung nicht mehr fiktiv dazu zu rechnen. Das ist alles nicht ganz einfach. Es gibt auch Ausnahmen: Schenkungen an den Ehegatten werden immer voll mit eingerechnet. Schenkungen unter Nießbrauchsvorbehalt werden auch immer voll eingerechnet.

Allerdings gilt bei diesen Schenkungen wieder: die Schenkung wird mit dem Tageswert der Schenkung angesetzt, nicht mit dem Wert zum Zeitpunkt der Erbschaft. Wertsteigerungen kommen dem Pflichtteilsberechtigen damit nicht mehr zugute. Die Gestaltungen sind hier sehr vielfältig. Gute Expertenrat ist gefragt.

Über den Autor:

Philipp Pfab ist seit 2002 Rechtsanwalt und Inhaber der Kanzlei Pfab in München Pasing.

Als Fachanwalt für Erbrecht bin ich für Beratungen zum Erben gerüstet. Mein Schwerpunkt liegt bei der steuerlichen Bewertung und Übertragung von Immobilien sowie der Abgabe von Schenkungssteuer- und Erbschaftssteuererklärungen. Ich übernehme auch diese Steuerverfahren.

Zudem helfe ich bei Gestaltungen der Erbfolge und des Nachlasses (z. B. Testament) und nach einem Erbfall bei der sinnvollen Regelung des Nachlasses.